Indischer Zweig
Beginnen wir die Darstellung der Indoeuropäischen Sprachen mit ihrem östlichen Zweig, dem Indo-Iranischen.
Übersicht
Dieser Teil der indoeuropäischen Sprachen umfaßt 2 große Gruppen, nämlich das Iranische und das Indische (auch Indo-Arische genannt).
Man nimmt an, daß sich die indo-iranisch sprechenden Stämme etwa um 2000 vor Chr. von den anderen indogermanischen Völkern abgetrennt haben. Sie zogen ostwärts und ließen sich im Gebiet des heutigen Iran nieder. Die Gründe für die Ausbreitung der Indoeuropäer und weitere Einzelheiten sind “hier”:redaxo:// dargestellt.
Ein Teil der Indo-Iraner zog später nach Osten weiter und besiedelte den Norden Indiens, von wo aus sich das Indo-Iranische über fast ganz Indien (mit Ausnahme des Südens) ausbreitete und die dort gesprochenen Sprachen (der drawidischen Sprachfamilie) nach und nach verdrängte.
Die iranischen Sprachen sind somit in Südwestasien und im Mittleren Osten verbreitet, also im wesentlichen im Iran (Persien), in Aghanistan und dem westlichen Teil Pakistans. Die wichtigsten Sprachen sind Persisch, Kurdisch und Tadschikisch. Sie haben insgesamt rund 65 Millionen Sprecher.
Von größerer Bedeutung (schon zahlenmäßig) sind die indischen Sprachen. Sie werden (im Osten an die iranischen Sprachen anschließend) in Südostasien, also vor allem auf dem indischen Subkontinent gesprochen. Es gibt über 500 indo-arische Sprachen, die von rund 500 Millionen Menschen im Norden und der Mitte Indiens gesprochen werden.
Sie sollen im folgenden etwas näher dargestellt werden.
Die indische Sprachen
In Indien dominieren 2 Sprachfamilien, nämlich die indoeuropäische und die drawidische. Daneben fallen die übrigen Sprachen (vor allem tibetisch-birmanisch) kaum ins Gewicht.
Von diesen beiden Sprachfamilien ist die Darwidische die ältere, die Indoeuropäische die bei weitem größere. Sie reicht über den größten Teil Indiens, Pakistans, Bangladesch, Srilanka und das Königreich Nepal.
Die drawidischen Sprachen sind im Süden Indiens verbreitet. Es handelt sich um rund 25 Sprachen mit etwa 175 Mio. Sprechern. Die bekannteste und verbreitetste Sprache ist Tamil, das auch in weiteren Staaten Süd- und Ostasiens von mehreren Millionen Sprechern gesprochen wird. Die “tamilischen Tiger” führen in Srilanka einen Guerilla-Krieg gegen die Singhalesen mit dem Ziel eines unabhängigen Tamilenstaates.
Man nimmt an, daß die drawidischen Sprachen vor dem Erscheinen der Indo-Iraner in ganz Indien verbreitet war, und daß sie von den Indoeuropäern, die sich über Afghanistan und Pakistan bis nach Mittelindien ausbreiteten, in den Süden Indiens zurückgedrängt wurden. Auf eine frühere Verbreitung der drawidischen Sprachfamilie über ganz Indien deuten z.B. vereinzelte Sprachinseln im Norden Indiens und in Pakistan hin (vgl. die obige Grafik).
Die Geschichte der indischen Sprachfamilie wird in drei Hauptperioden eingeteilt:
- Altindisch; dazu gehört Wedisch und das Klassische Sanskrit
- Mittelindisch (ab ca. dem 3. Jahrhundert v. Chr.), das die unter der Sammelbezeichnung „Prakrit” geläufigen Dialekte des Sanskrit umfasst (darunter auch Pali); und
- Neu- oder modernes Indisch (ab ca. dem 10. Jahrhundert n. Chr.); dazu gehören die modernen Sprachen, die im nördlichen und zentralen Teil des Indischen Subkontinents gesprochen werden.
Auf dem Indischen Subkontinent gibt es keine gemeinsame Sprache aller Inder. Die beiden offiziellen Amtssprachen Indiens sind Hindi und Englisch. Beide Sprachen sind überregional, also in den verschiedenen Sprachregionen Indiens verbreitet.
Daneben gibt es 15 von der indischen Verfassung anerkannte Staatssprachen, die in Schulen und bei offiziellen Transaktionen gebraucht werden: Assamesisch, Bengali, Gujarati, Kashmiri, Marathi, Oriya, Punjabi, Sindhi, Hindi, Urdu, Sanskrit, Tamil, Telugu, Kannada (oder Kanaresisch) und Malayalam. Die Staatssprache Pakistans ist Urdu; die Staatssprache von Bangladesh ist Bengali.
Sanskrit
Die frühen Formen des Indo-Arischen aus der Zeit um 1000 vor Chr. nennt man zusammenfassend Sanskrit.
Sanskrit (von Sanskrit samskrta: „geregelt, genormt”) ist die klassische Literatur- und Gelehrtensprache Indiens und die heilige Sprache der Brahmanen. Sie gehört zum indischen (indoarischen) Zweig der indoiranischen Sprachen, einer Untergruppe der indogermanischen Sprachen.
Mit dem Vedischen, einer der altindischen Sprachen, wurde Sanskrit etwa ab dem Beginn des Christentums vorwiegend als Literatursprache der geistlichen, gelehrten und gebildeten Kasten Indiens bewahrt, eine Stellung, die das Sanskrit auch heute noch in Indien besitzt. Sanskrit ist also eine lebende, noch heute gesprochene Sprache.
Seit dem 17. Jahrhundert befassen sich europäische Missionare mit der Sprache und der Literatur des Sanskrit. 1790 erschien in Europa die erste Grammatik des Sanskrit. Die Entdeckung des Sanskrit durch westliche Gelehrte war für die Entwicklung der Linguistik von großer Bedeutung. Die Erkenntnis, daß europäische Sprachen eine sehr große strukturelle Ähnlichkeit mit dem Sanskrit aufweisen, ermöglichte die Entdeckung der indogermanischen Sprachfamilie.